Tips&Tricks 35: Löten von SMD-Bauteilen

In den 'Tips&Tricks' wird öfters von SMD-Bauteilen geredet. Für viele ist es jedoch ein Horror, derartige Bauteile zu verarbeiten. Natürlich, mit einer 'Brat-Axt' oder einem Flammenwerfer (mit denen man auch Dachrinnen löten könnte), ist dem Problem nicht beizukommen.

Was Sie brauchen:
- viel Löt-Erfahrung
- ein Lötlack-Spray (optional, wird aber dringend empfohlen)
- einen Lötkolben mit einer nadelfeinen Spitze (0,4 mm)
- Lötzinn mit Flußmittelseele, mit höchstens 0,5 mm Durchmesser; besser wäre 0,25 mm
- einen Fingernagel am linken Zeigefinger, der etwa 2 mm lang ist (für Rechtshänder)
- eine Arbeitsplatzbeleuchtung mit einer Lupenlampe
- eine Vorrichtung, um die Platine halten zu können

Löt-Erfahrung:
Auch wenn Sie meinen, löten zu können: lesen Sie den folgenden Absatz mit Geduld durch. Vielleicht ist ja doch noch ein Tip dabei ...
Löten ist kein Kleben, sondern ein Oberflächen-Legieren. Das heißt aber, daß die Materialien (Lötzinn und das Bauteil) völlig rein von Oxiden und anderen Verschmutzungen sein müssen. Dazu dient das Flußmittel. Es wirkt nur bei hohen Temperaturen. Also muß die Lötung spätestens dann abgeschlossen sein, wenn das Flußmittel verraucht ist.

Das bedeutet aber, daß der Lötkolben nie und nimmer zum Transport des Lötzinns verwendet werden darf. Nie und nimmer.

Der Kolben soll den Lötbereich aufheizen (und nichts weiter als nur das), und der Lötbereich (und nur der) soll das Zinn mit dem Flußmittel zum Schmelzen bringen.
Und noch einmal zum Oberflächen-Legieren: Das Lot kann nur dann die Bauteile benetzen, wenn diese heißer sind als der Schmelzpunkt des Lotes. Wenn dies nicht der Fall ist, bildet sich auf dem Lot an der Berührungsfläche eine Haut (das Zinn ist hier nicht flüssig), und eine richtige Legierung kann nicht stattfinden. Dieser Murks wird als 'kalte Lötstelle' bezeichnet.

Weitere Informationen zum richtigen Löten finden Sie bei Grundlagen: Was ist Löten?. Dort stehen auch links zum Weiterlesen.

Und - kaum macht man es richtig, schon funktioniert es!

Vorbereitung der Lötstelle:
Wir schlagen vor, die Platine peinlich genau zu säubern. Entweder ist sie sofort nach dem Entschichten des Abdecklacks weiterzuverarbeiten oder, wenn sie länger als 1-2 Tage liegt, noch einmal anzuschleifen. Sehr gut hilft auch ein sattes Einsprühen mit Lötlack (z.B. SK10 von Kontakt-Chemie). Der muß dann allerdings etliche Zeit (> 1 Tag) trocknen, damit er nicht mehr klebrig ist.
Der Autor arbeitet grundsätzlich mit diesem Spray, weil dieses nicht nur die Leiterbahnen vor dem Oxidieren schützt, sondern auch als zusätzliches Flußmittel dient. In den dünnen Lötdrähten (unter 0,5 mm) ist nämlich herzlich wenig Flußmittel vorhanden.

Löten:
Wir schlagen vor, erst nur ein Pad (das ist eine kleine Verbindungsfläche auf der Platine, auf die das Bauteil gelötet werden soll) zu verzinnen. Aber nur ein einziges Pad! Dann nehmen Sie das Bauteil, richten es genau auf der Platine aus und halten es mit dem Fingernagel fest. Daß es dabei etwas schräg steht, ist normal. Dann bringen Sie mit dem Lötkolben das Zinn auf dem Pad zum Schmelzen, und das Bauteil sinkt auch an diesem Pad auf die Platine herunter. Da es hierbei heiß zugeht, ist ein langer Fingernagel durchaus von Nutzen. Was hier produziert wurde, ist meist keine richtige Verlötung, sondern eher nur eine Verklebung, da ja ohne Flußmittel gearbeitet wurde. Aber sie hält das Bauteil in der richtigen Position fest, so daß Sie jetzt beide Hände frei haben, den oder die anderen Anschlüsse 'richtig' zu verlöten. Als Letztes wird der geklebte Anschluß nachgelötet.

Mit etwas Übung ist das alles gar nicht mehr so schwer. Dazu ein Tip: wenn Sie für ein Projekt z.B. 30 gleiche Widerstände brauchen, kaufen Sie doch gleich 100. Die sind genau so teuer, und Sie haben ganze 70 Widerstände zum Üben. Oder Sie besorgen sich ein elektronisches Schrott-Teil, an dem Sie nach Herzenslust herumlöten können. Vielleicht sollten Sie sogar hiermit anfangen um festzustellen, ob das SMD-Löten überhaupt etwas für Sie ist ...

Schraubstock SMD-Platinen sind normalerweise recht klein in ihren Abmessungen. Damit sie beim Löten nicht wegrutschen, kann man sie in einen kleinen Schraubstock einspannen. Sinnvoll ist entweder einer mit Kugelkopf, der nach allen Richtungen geschwenkt werden kann, oder ein Maschinenschraubstock, der nur durch sein Gewicht dort bleibt, wo man ihn hingelegt hat. Es gibt auch speziell für Platinenfertigung gebaute Einspann-Vorrichtungen, die oftmals "dritte Hand" genannt werden.
Die beiden ersteren Hilfsmittel lassen sich auch für andere Arbeiten benutzen. Der Kugelkopf-Schraubstock baut recht hoch, so daß es eventuell Platzprobleme beim Sitzen geben könnte, wenn der Stuhl zu niedrig ist.
Im Bild rechts sehen Sie einen kleinen Schraubstock im Einsatz, des weiteren den Autor dieses Artikels, wenn auch nur teilweise.

Der 'Werdegang' auf Fotos (der abgebildete Ausschnitt ist ca. 5,5 mm breit):

1 Pad verzinnt
1 Pad verzinnt

SMD angeklebt
SMD einseitig 'angeklebt'

SMD fertig
SMD endgültig gelötet

Nebenbei: die Zahl 1003 auf dem SMD-Bauteil (Widerstand) bedeutet: '1' - '0' - '0' - 'drei Nullen'. Der Wert ist also 100000 Ω oder 100 kΩ.
S. dazu auch Grundlagen: Auswahl von Widerständen.

Einfacher geht die Lötung mit Lötpaste, und schöner aussehen tut's auch; einfach, weil nicht so viel Lot auf die Lötstelle aufgekleckst wird. Nach kurzem Probieren weiß man, wieviel aufzutragen ist. Aber der Preis für die Paste ist (gegenüber Lötzinn) extrem hoch.

14.07.2009:
Einen sehr interessanten Beitrag zum Löten von SMD-ICs mit sehr engem Beinchen-Abstand haben wir bei sprut gesehen:
Dort wird (im unteren Drittel des Beitrags) beschrieben, daß man beim Löten dieser Winzlinge ruhig klecksen und Kurzschlüsse produzieren darf. Eine gute Lötsauglitze macht die Verbindungen perfekt. Man braucht demnach keine Angst selbst vor Rastermaßen von 0,65 mm zu haben.

Für weitere Fragen stehen gern zur Verfügung:
- der MEC; Besichtigung und Fachsimpelei z.B. an unseren "Club-Abenden"
- der Autor: Hans Peter Kastner

Version vom: 14.07.2009; erstellt am: 05.08.2005
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