Tips&Tricks 34: Doppelseitige Platinen

Wenn bei zu fertigenden Platinen die eine Leiterbahn-Seite nicht mehr ausreicht und die Anzahl der einzulötenden Brücken überhand nimmt, sollte man sich mit zweiseitigen Platinen-Layouts anfreunden. Hierzu bedarf es natürlich einer wesentlich höheren Präzision als bei einseitigen, weil die Lötpads der Oberseite überall exakt über ihren Partnern auf der Unterseite liegen müssen.

Als Werkzeuge werden empfohlen:
- ein PC,
- ein Platinen-Layout-Programm,
- ein Laser-Drucker,
- Folien für Laser-Drucker,
- ein Platinen-Belichtungsgerät.
Das Teuerste wird wohl das Belichtungsgerät sein. Die Software muß nicht die neueste Version sein; es gibt auch ältere, aber dadurch nicht schlechter gewordene Programme. Der Drucker sollte mit mindestens 600 dpi drucken können. Die Software muß den Drucker 'kennen', sonst könnte es Probleme beim Drucken geben.

Wir empfehlen, die Folien so zu bedrucken, daß die eingefärbte Seite beim Belichten den Foto-Lack berührt. So können schräg einfallende Lichtstrahlen das Ergebnis nicht verfälschen.
Zur Kontrolle: Die Leiterbahnen sollten 'richtig herum' erkennbar sein, wenn man sie durch die Folie hindurch, also von deren 'Rückseite', betrachtet. Dabei ist zu beachten, daß das Layout-Programm die Leiterbahnen der Lötseite immer 'durch die Platine hindurch betrachtet' darstellt. Beim Druck werden diese also schon gespiegelt, sind daher automatisch 'richtig herum'. Aber: jedes Programm macht es anders ...

Tasche Aus den beiden Folien (für Ober- und Unterseite) sollte eine Tasche gefertigt werden, in die dann die zu belichtende Platine hineingesteckt wird. Wichtig dabei ist, daß zwei einander gegenüberliegende Seiten miteinander verklebt werden und nicht zwei nebeneinander liegende. Das hat den Vorteil, daß die beiden Folien nicht gegeneinander verrutschen können. (Im Belichtungsgerät werden Folien und Platine durch Schaumstoff oder Vakuum aneinander gepreßt, um ein klares Bild auf der Platine zu erzeugen. Dies ergibt für die Oberseite immer einen Zug zur Seite. Bei der hier beschriebenen Methode ist der Zug nach rechts und links gleich, so daß nichts verrutscht.) Die Verklebung kann mit normalem 2-seitigen Klebeband erfolgen und sollte einen Abstand von etwa 2 cm vom Platinen-Rand haben. Es geht auch normaler Haushaltskleber. Damit können die beiden Folien noch etwas justiert werden. Er braucht aber etwas mehr Zeit zum Abbinden. Ganz Eilige könnten die Klebungen mit einer Heftklammer absichern, damit er nicht wieder verrutschen kann. Bei der Herstellung dieser Tasche liegen die Folien direkt aufeinander und können auf Zehntel-Millimeter genau ausgerichtet werden.

Belichtungsgeräte, die doppelseitig belichten, sind unerschwinglich teuer - es sei denn, man macht bei ebay oder sonst wo ein 'Schnäppchen'. Da die einfachen Geräte zum Andrücken meist Schaumstoff verwenden, ist die jeweilige Oberseite gut gegen Fehl-Belichtung geschützt. Es ist also durchaus sinnvoll, vor der ersten Belichtung die Schutzfolien auf beiden Seiten der Platine abzuziehen und die erste Seite zu belichten, dann die Tasche mit Inhalt zu wenden und die zweite Seite zu belichten. Beim Wenden darf die Platine natürlich nicht in der Tasche verrutschen!! Je größer der seitliche Spielraum zur Klebung ist, desto eher kann dies passieren ...

Ob das alles gut geklappt hat, kann erst nach dem Entwickeln und Ätzen festgestellt werden. Wir empfehlen, an diagonal weit auseinander liegenden Lötaugen je eine Test-Bohrung (immer von der Lötseite aus) vorzunehmen und zu kontrollieren, ob sie (einigermaßen!!) mittig im Pad auf der Oberseite herauskommt.
Oberseite So wie im Bild rechts könnte eine Platine auf der Oberseite aussehen, bei der die Pads gut ausgerichtet waren. (Merke: die Löcher wurden von der anderen Seite her gebohrt!) Das Loch links mit dem Hohlniet (s. weiter unten) ist leider etwas außermittig gebohrt worden. Die Löcher wurden mit einem 0,7-mm-Vollhartmetall-Bohrer mit ca. 15000 U/min gebohrt, das Loch für den Niet mit 0,8 mm.
Zu den Leiterbahn-Breiten im Bild: Das Pad-Raster beträgt 2,54 mm (= 100 mil), die Pads sind 64 mil breit. Die Bahnen zwischen den Pads sind 16 mil, die anderen 32 mil, die dicke links (Masseleitung) ist 50 mil breit. Also ist der Abstand zwischen Leiterbahn und Pad genau 10 mil (= 0,24 mm) groß. Das reicht durchaus, um beim anschließenden Löten keine Probleme (= Lötbrücken) zu bekommen. Diese Werte haben sich als praktikabel erwiesen und sind so etwas wie der Standard bei uns geworden.

Unsere an anderer Stelle ach so gelobte Eisbox hat zufällig genau die richtigen Abmessungen, um eine Euro-Platine so in der Schwebe zu halten, daß sie auch an ihrer Unterseite entwickelt werden kann. Kleinere 2-seitige Platinen würden aufliegen und somit auf der Unterseite nicht richtig entwickelt werden. Ein kleiner Trick: halten Sie die Eisbox beim Einlegen der Platine schräg und füllen erst dann den Entwickler dazu. Die Platine liegt dann auch nur an ihren Seiten auf und kann so sicher entwickelt werden, ohne daß die Unterseite extra kontrolliert werden muß.

Zum Layout der Platine:
Natürlich müssen die Leiterbahnen auf der Oberseite elektrisch mit den Bauteilen verbunden werden. Dazu muß nach dem Bestücken Platz und Möglichkeit bestehen, die Teile zu verlöten. Bei Widerständen, Dioden und Transistoren ist das kein Problem: da kommt man gut an die Lötstelle heran. Schwierig wird es bei Bauteilen wie Kondensatoren, Steckern oder IC-Sockeln, also allen Bauteilen, die flach auf der Platine aufliegen. Hier gibt es drei Möglichkeiten:
1. Man legt (oder: ändert) die Leiterbahnen beim Entwurf so, daß bei den genannten Problemstellen nur Leiterbahnen der Unterseite ankommen. Oft gelingt ein derartiges Layout.
2. Man führt die Leiterbahn der Oberseite bis neben die Problemstelle, erzeugt dort eine Durchkontaktierung ('Via' genannt, diese dient einzig und allein der Verbindung von Leiterbahnen auf Ober- und Unterseite), und führt dann auf der Unterseite die Verbindung bis an die Problemstelle heran. Die elektrische Verbindung wird durch ein kleines Stückchen Draht vorgenommen, das auf beiden Seiten verlötet wird. Dies ist gut und einfach zu bewerkstelligen, benötigt aber Platz auf der Platine: den für das zusätzliche Lötauge der Durchkontaktierung.
Steckn 3. Falls dieser Platz nicht vorhanden ist, hilft nur noch das Einsetzen von Hohlnieten. Auch hier gibt es wieder zwei Möglichkeiten: entweder Sie sind reich und leisten sich eine Handhebelpresse, die (ohne Niete) nur schlappe 280 € kostet; oder Sie müssen 'fummeln'. Die im Folgenden beschriebenen Niete haben einen Außendurchmesser von 0,8 mm und einen Innendurchmesser von 0,6 mm. Sie werden in ein Bohrloch von genau 0,8 mm gesteckt und mit dem Kragen auf der Bestückungsseite angelötet. Zum Hineinstecken kann man eine Stecknadel verwenden.
Dorn Vor dem Löten sollten sie mit einem kleinen Dorn (s. Bild rechts) auf der Unterseite etwas aufgeweitet werden, damit sie nicht wieder herausfallen. Es ergibt sich ein kleiner Kragen, an dem wunderbar gelötet werden kann. Das würde dann so aussehen wie im Bild links.
geweitet Beim Verlöten sollte der Niet mit einem zinnabweisenden Gegenstand ausgefüllt werden, damit aus Versehen kein Zinn hineinläuft, z.B. mit dem Schaft eines Spiralbohrers (Stahl) oder auch mit einer Mine aus einem Druckbleistift. Zur Not muß der Niet mit einem 0,6-mm-Bohrer wieder durchgängig gemacht werden. Erst nach dem Bestücken mit dem Bauteil (z.B. IC-Sockel) wird dieser auf der Unterseite zusammen mit dem dort herausragenden Niet und der Leiterbahn verlötet.

Die hier beschriebenen Niete (versilbert) liefert:
Elmar Wienecke
32602 Vlotho
Tel.: 05733-95610.
email: elmar-wienecke@t-online.de

1000 Niete (außen 0,8 / innen 0,6 mm) kosten dort 37 € + Versandkosten (Stand 03.12.2020).
Bei Reichelt gibt es Bungard-Kupferniete zu etwa dem halben Preis, aber mit diesen haben wir uns noch nicht beschäftigt. Hinweise anderer (oder: auf andere) Lieferanten werden gern entgegengenommen und bei nächster Gelegenheit an dieser Stelle veröffentlicht.

Pimpel Zum 'Hineinfummeln' in das Bohrloch hat sich der Autor ein kleines Werkzeug gebaut. Es besteht aus einer Stecknadel in einem Messing-Griff. Die Nadel (0,6 mm x 4 mm lang, leicht konisch) füllt den Niet stramm aus und ist gerade so lang, daß der Niet mit seinem Kragen unten am Griff anliegt, so daß der Niet, falls es einmal schwer gehen sollte, durchaus mit einem kleinen Hämmerchen eingetrieben werden kann. So bleibt auch das Kern-Loch im Niet rund, damit es später beim Hineinstecken des Bauteils keine Probleme gibt.
Das ganze Werkzeug ist etwa 4 cm lang. Der Griff ist aus 5-mm-Rundmessing gefertigt.

Hier ging es nur um spezielle Belange für doppelseitige Platinen. Eher allgemeine Bemerkungen können Sie bei Anfertigen von Platinen nachlesen.

Für weitere Fragen stehen gern zur Verfügung:
- der MEC; Besichtigung und Fachsimpelei z.B. an unseren "Club-Abenden"
- der Autor: Hans Peter Kastner

Version vom: 03.12.2020; erstellt am: 28.07.2005
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