Tips&Tricks 85: Schaltungen mit mehreren Transformatoren
Wir betrachten hier Transformatoren mit zwei getrennten Wicklungen. Über Trafos mit nur einer Wicklung haben
wir bei
Grundlagen
berichtet. Was man alles mit diesen (mindestens) 4 Anschlüssen anstellen kann, aber auch, was man auf keinen
Fall tun sollte, das steht in diesem Bericht.
Eine Warnung vorweg:
Das Hantieren an der Primärseite von Transformatoren bedeutet das Hantieren an Netzspannung. Wer nicht
ganz genau weiß, was er da tut, sollte die Finger davon lassen. Ansonsten könnte es
lebensgefährlich werden!
Reihenschaltung auf der Primärseite:
Eine Reihenschaltung von zwei gleichen Trafos wird dann interessant, wenn beide primärseitig nur für
115 Volt gebaut sind und daher bei uns, weil sie ohne weiteres niemand verwenden kann, sehr preisgünstig
angeboten werden. Zu beachten ist, daß beide zu jeder Zeit gleich belastet werden müssen;
ansonsten könnte ein Unglück geschehen!
Nehmen wir an, 2 gleiche Trafos sind primärseitig in Reihe geschaltet und beide im Leerlauf. Beide wollen
(zum Ausgleich für ihre Verluste)
den gleichen Strom aus dem Netz ziehen, und so stellt sich an jeder Primärwicklung die halbe Netzspannung ein;
also alles in Ordnung.
Nun wird einer der beiden Trafos sekundärseitig ein klein wenig belastet. Es wird also Leistung entnommen.
Sofort wird er aus dem Netz mehr Strom ziehen, um die geforderte Leistung abgeben zu können. Das kann aber nur
geschehen, wenn er primärseitig 'niederohmiger' wird. Da der andere Trafo aber nicht belastet wird, kann sich
der vom ersten Trafo geforderte Strom nur teilweise einstellen: Der Trafo 2 bleibt ja so 'hochohmig' wie bisher, da
sich an seinen Sekundärklemmen nichts verändert hat. Es ist genau wie bei zwei unterschiedlichen
Widerständen, die in Reihe geschaltet sind: beide werden immer von demselben Strom durchflossen, also
erhält der niederohmige weniger Spannung als der hochohmige. Die Folge bei den Trafos ist, daß die
bisherige Balance der beiden Primärspannungen kippt: der belastete Trafo erhält wesentlich weniger
Spannung als seine Nennspannung, der andere wesentlich mehr. Dies könnte ihn zerstören, wenn die Isolation
nicht dafür ausgelegt ist; bewirkt aber mit Sicherheit eine wesentlich höhere Leerlaufspannung, die die
angeschlossenen Bauteile zerstören könnte. Und zu allem Übel geht die Sekundärspannung des
belasteten Trafos 'in die Knie', weil er nunmehr primärseitig weniger Spannung erhält als geplant. Sie
merken schon: so etwas ist überhaupt nicht zu gebrauchen!!
Unten haben wir ein paar Schaltungen aufgeführt, die richtige und falsche Sekundärbeschaltungen zeigen.
Alles, was irgendwie asymmetrisch ist, ist verboten! In der linken Schaltung müssen die beiden Widerstände
R immer und zu jeder Zeit gleich groß sein.
Was es mit den Punkten an den Wicklungen auf sich hat, steht bei
Grundlagen.
Die unsymmetrische Belastung (unten links) ist zu ersetzen durch die Schaltung oben mitte.
Auch die Mittelpunkt-Gleichrichterschaltung (unten mitte) ist verboten, weil die beiden Dioden nie
gleichzeitig leiten, sondern immer nur nacheinander, im 50-Hz-Takt.
Und - kommen Sie bitte auch nicht so glorreiche Ideen wie in der Schaltung unten ganz rechts dokumentiert! Hier
werden die beiden Trafos zwar von demselben Sekundärstrom durchflossen, geben aber unterschiedliche Spannungen
ab und werden folglich auch unterschiedlich belastet.
Sie sehen, wir lassen nicht viel 'Gute Haare' an diesen Basteleien. Wenn es nur darum geht,
ein leistungsfähiges Gleichspannungs-Netzteil zu bauen, dann legen wir Ihnen wärmstens unseren
Netzteil-Tip
ans Herz. Er ist wesentlich preiswerter als dieser hier, beinhaltet er doch das komplette Gerät
einschließlich des Gehäuses.
Reihenschaltung von 230-Volt-Trafos:
Falls Sie sich eine Styropor-Säge bauen wollen, brauchen Sie eine Spannung für den Schneide-Draht von ca.
2 Volt. Wieviel genau, müssen Sie ausprobieren. Nehmen wir an, Sie können preiswert Trafos für
230 Volt primär und 4 Volt sekundär erhalten. Dann können Sie problemlos 2 Trafos (natürlich
baugleiche!!) in Reihenschaltung am Netz betreiben. Jede Primärseite würde die halbe Spannung erhalten,
und somit würden die Sekundärseiten auch nur die halbe Spannung abgeben. Die Schaltung funktioniert nur,
wenn die beiden Sekundärwicklungen parallel geschaltet werden, wie in der obersten Bildreihe mitte skizziert
ist. Dabei ist auch hier auf die richtige Polarität zu achten! R wäre dann der Schneidedraht.
Reihenschaltung auf der Sekundärseite:
Einer solchen Schaltung steht überhaupt nichts im Wege. Hierbei werden zwei Trafos verwendet, die von beliebiger
Bauart sein können. Ihre Primärwicklungen sind für 230 Volt ausgelegt (und werden ganz normal mit
dem Netz verbunden), und die Sekundärspannungen können beliebig sein.
Nur eines sollten Sie beachten:
Je nach Polung der Primärseite addieren oder subtrahieren sich die Sekundärspannungen. Das kann ungewollte
Effekte hervorrufen. Beispiel: Sie benötigen für eine
Styroporsäge
eine Spannung von 2 Volt. Nun haben Sie zufällig einen Trafo mit 8 Volt und einen mit 10 Volt zur Verfügung,
die auch beide den geforderten Strom zur Verfügung stellen können. Jetzt messen Sie das Ganze aus und haben
auch richtig die 2 Volt für Ihre Säge eingestellt, und alles läuft prima (linkes Bld).
Nach ein paar Tagen stecken Sie die beiden Trafos wieder ans Netz (rechtes Bild) und wollen weitersägen. Ein
Blitz, und Ihre Säge ist 'hin'. Was ist passiert? Sie haben beim 2. Mal einen der beiden Netzstecker
andersherum in die Steckdose gesteckt als beim ersten Mal, und die Sekundärspannungen haben sich nicht
subtrahiert, wie geplant, sondern addiert. Die Säge hat also anstelle von 2 Volt 18 Volt erhalten, und das ist
natürlich bei weitem zu viel!
Ein Tip zur Abhilfe, damit so etwas nicht passieren kann: Benutzen Sie am Netz Winkelstecker (bei denen merken Sie
sofort, daß da etwas nicht stimmt, weil der Abgang eines Kabels 'falschherum' ist), oder Sie machen Sich eine
dicke auffällige Markierung auf beide Stecker.
Besonderheiten beim Modellbahn-Wechselstrom-System:
Etwas Ähnliches wie bei der Säge kann auch beim "Märklin"-System passieren. Zwei Fahr-Trafos
sind auf der Sekundärseite (braune Kabel) gemeinsam an das Gleissystem geschaltet, und die roten Kabel gehen
an die beiden Mittelleiter, die natürlich voneinander isoliert sind.
Märklin empfiehlt, eine Polaritäts-Anpassung vorzunehmen, indem ggfs. einer der beiden Netzstecker
umgedreht wird. Warum? Je nachdem, wie die beiden Trafos gepolt sind, können sich die beiden Fahrspannungen
addieren oder subtrahieren. Dies ist aber im normalen Betrieb völlig egal; nur, wenn eine Lok von einem
Stromkreis in den anderen fährt, berührt ihr Skischleifer kurzzeitig beide Mittelleiter. Und wenn diese
auf 'Addtion' geschaltet sind, gibt es einen saftigen Kurzschluß, den man durch Umdrehen eines der Netzstecker
vermeiden kann. Die Bilder zu diesem Problem sind ähnlich den Bildern bei 'Fall 1' im nächsten Absatz.
Schaltungen mit mehreren Transformatoren und Gefahren dabei:
Wir wiederholen: Transformatoren dienen der Energieumwandlung und tun dies bis hin zur Selbstzerstörung. Bei
fehlerhafter Beschaltung kann viel Unheil angerichtet werden.
Wir wollen im Folgenden ungewollte Reihenschaltungen aufzeigen, die Gefährdungen hervorrufen und deshalb nicht
erlaubt sind. Es geht hauptsächlich noch einmal um das Wechselstrom-System (weil hier die Situationen am
häufigsten vorkommen), gilt aber für alle ähnlichen Zusammenschaltungen.
Fall 1:
Wir betreiben wieder, wie oben, zwei völlig gleiche Wechselspannungs-Trafos, wie im Bild rechts dargestellt.
Wir haben dessen Hintergrund abgedunkelt, damit die gelben Leitungen besser sichtbar sind.
Links ist der für beide geschaltete Netzanschluß gezeichnet. Alles ok. Alles funktioniert richtig. Dies
ist der gewollte Normal-Zustand, von dem keinerlei Gefährdung ausgeht.
Wird nun aber, wie im Bild links, (dies ist der einzige Unterschied zum vorherigen Bild!!) der Netzstecker eines der
beiden Trafos 'andersherum' eingesteckt, so passiert Erstaunliches: die Spannung zwischen den beiden 'gelben'
Anschlüssen beträgt mit einem Mal 32 Volt! Und - verbindet man die beiden gelben Anschlüsse
miteinander, so produziert man einen satten Kurzschluß! Gut, daß die Geräte eine
Kurzschluß-Sicherung haben!
Der Grund hierfür ist genau der gleiche wie bei dem
Spartrafo,
nur 'über 3 Ecken':
Bei richtiger Polung auf der Primärseite subtrahieren sich die beiden Ausgangsspannungen zu Null, andernfalls
addieren sie sich.
Fall 2:
Jetzt wird es richtig gefährlich, sogar lebensgefärlich!
Die beiden Trafos sind, mehr oder weniger aus Versehen, auf den Sekundärseiten, 2-polig miteinander verschaltet,
also braun an braun und gelb an gelb. Dies ist nicht notwendig, ist sogar verboten! Dies ist jedoch zunächst
nicht problematisch und es ist kein Problem erkennbar. Wird aber nun einer der beiden Netzstecker gezogen, so liegen
an den offenen Kontakten etwa 230 Volt, also die Netzspannung. Faßt man nun die beiden Steckerpins
gleichzeitig an, so erhält man einen lebensgefährlichen Stromschlag. Wegen der guten Isolierung des 2.
Trafos fließt auch kein Strom zur 'Erde' ab, falls er überhaupt an den Schutzleiter angeschlossen ist,
und daher hilft auch kein Fehlerstrom-Schutzschalter (FI-Schalter). Da kein Strom fließt, spricht auch keine
Sicherung an. Dies ist das wirklich Perfide an der Sache.
Was ist passiert?
Der am Netz hängende Trafo setzt die Netzspannung auf 16 Volt um, ganz normal. Der zweite Trafo hängt
verbotenerweise mit beiden Sekundärklemmen an diesen 16 Volt und transformiert sie 'rückwärts'
wieder auf die Netzspannung hoch.
Also der Betriebsanleitung folgen und niemals beide Sekundäranschlüsse von 2 Trafos miteinander
verbinden!
Für weitere Fragen stehen gern zur Verfügung:
- der MEC; Besichtigung und Fachsimpelei z.B. an unseren "Club-Abenden"
- der Autor: Hans Peter Kastner
Version vom: 08.10.2014; erstellt am: 25.12.2012
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